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1001 Nacht der Rekorde

Posted by on 6. November 2013

Höher, größer, schneller – Hier wird der Weltrekord zum Standard.

Es ist schon wieder knapp zwei Wochen her, als wir in Sharjah mit dem Boot aus dem Iran angekommen sind. Und der Unterschied der beiden Länder ist gewaltig. In den Emiraten gibt es alles. Und alles in extremster Ausprägung. Dagegen liegt der Iran viele Jahrzehnte zurück – und hat doch ganz besondere Reize, die es wert sind dort zu leben. Meine Sinne fühlen sich hier überreizt.

Die ersten zwei Nächte verbringen wir in einem günstigen Hotel in Sharjah. Sharjah grenzt direkt an Dubai, die Grenzen sind fließend. Gleich am ersten Tag ziehen wir mit dem Landy los und suchen das äthiopische Konsulat. Je näher wir Dubai kommen, desto gewaltiger und monströser wird die Skyline. Schon von weitem sehen wir den Burj Kalifa, zur Zeit das höchste Gebäude der Welt. Im Konsulat werden wir versuchen ein äthiopisches Visum zu bekommen, da es wohl weder in Djibouti noch auf dem Landweg direkt an der Grenze möglich sein soll. Das Prolem dabei ist, dass in den Vereinigten Arabischen Emiraten (VAE) nur Residents ein äthiopisches Visum beantragen können. Aber einen Versuch ist es allemal wert. Als wir im Konsulat unser Anliegen erklären, heißt es gleich “Visa only for residents.” Aber da bin ich hartnäckig. Nach kurzen Erklärungen sollen wir direkt ins Büro des Konsuls gehen und ihm unser Anliegen schildern. Er erklärt uns, dass es als Europäer und im speziellen Fall als Deutscher überhaupt kein Problem sei, ein äthiopisches Visum zu bekommen. Dabei hält er unsere Pässe hoch und wedelt so, als ob wir quasi einen Freifahrtschein hätten. Ich gebe ihm da sogar recht. Weder an der Grenze noch bei der Anreise über den Flughafen gäbe es Probleme. Leider habe ich in vielen Internetforen von Reisenden gelesen, bei denen das auf dem Landweg eben nicht geklappt hat. Sie saßen dann erstmal an der Grenze fest. Und genau das möchte ich vermeiden. Ich frage ihn, ob er sich sicher ist, dass wir auf dem Landweg das Visum erhalten werden – merke aber auch gleich, dass ich ihm nicht auf den Schlips treten darf. Nach einem Telefonat und der Erzählung unserer ganzen Geschichte (inkl. kenianischer Verwandtschaft) sind wir ihm wohl sympathisch geworden und er möchte auf Nummer sicher gehen. Wir bekommen ein Visum. Doch dann folgt der Haken an der Sache. Als wir unsere Antragsformulare bei der Sachbearbeitung abgeben, werden wir darauf hingewiesen, dass das Visum ab sofort für 30 Tage gültig ist. Na prima… Das könnte richtig eng werden. Bis der Landy verschifft ist, wir in Djibouti ankommen, das Hafenprocedere erledigt haben und durch Äthiopien nach Kenia gefahren sind, könnte das Visum abgelaufen sein. Das können wir nicht riskieren. Also wieder ab zum Konsul. Doch der fackelt nicht mehr lang, lächelt freundlich und meint nur noch: “Ok let`s make 3 month.” That´s it. Wie geil. Kurze Zeit später holen wir doch tatsächlich unser dreimonatiges Äthiopien Visum ab. Als non-residents! Das ist kaum zu fassen. Der Konsul ist ein cooler Typ.

Am nächsten Abend möchten wir mal wieder ein Bier trinken. Doch das ist hier gar nicht so einfach. Grundsätzlich ist der Alkoholausschank in Hotels, Clubs und Bars mit Alkohollizenz erlaubt. Alkohollizenzen gibt es z.B. in Dubai, Abu Dhabi oder Ajman. In Sharjah ist der Alkohol komplett verboten. Hier gibt es auch keine Bars oder Clubs, die Alkohol anbieten. Nach kurzer Info ist klar, dass wir mit dem Landy nach Ajman fahren müssen, um dort etwas zu besorgen. Das Problem ist aber, dass das Bier dort zwar gekauft, aber nicht in ein anderes Emirat transportiert werden darf. Man muss es vor Ort trinken, jedoch nicht in der Öffentlichkeit. Egal, erstmal müssen wir jetzt diese Bierverkaufsbude überhaupt finden. Es ist wirklich krass. Vor dem Ajman Beach Hotel gibt es eine Wellblechhütte, die unter Einheimischen “the hole in the wall” genannt wird. Und genau so sieht es da auch aus. An drei Löchern verkaufen drei Angestellte aus der Wellblechhütte heraus alles was die Leber begehrt. Der Einkauf wandert dann in tiefschwarzen Plastiktüten über den Tresen – die einzigen tiefschwarzen, stabilen Tüten weit und breit. Es weiß natürlich jeder was man da transportiert. Wir sind etwas aufgeregt und besorgen uns ein paar einzelne Dosen Bier. Es kommen massig Araber vorbei, die palettenweise Bier und Whiskey ins Auto laden. Zwei junge Araber sprechen uns sofort an. Sie sind auf den Landy aufmerksam geworden und einer von Ihnen war anscheinend bereits in Deutschland. Das läuft hier immer so. Durch das Auto kommen wir mit den Einheimischen sehr schnell in Kontakt. Nachdem wir die Tüte im Auto versteckt haben, fahren wir zurück ins Hotel und genießen unser erstes Bier seit der Türkei! hmmmm… das schmeckt besonders gut!

Bevor wir das Auto an den Hafen stellen, möchten wir noch einen Abstecher in die große Rub al-Khali Wüste machen. Dort gibt es eine der größten Sanddünen der Welt, die Moreeb-Düne. Als wir Dubai Richtung Abu Dhabi auf dem Highway verlassen, wird uns schnell klar, wo wir uns hier eigentlich befinden. Die Vereinigten Arabischen Emirate sind ein Wüstenstaat. Und was für einer. Es gibt hier wirklich nur Sand. Eine Vegetation gibt es nur entlang der Strassen, die aufwendig und kosteninstensiv betrieben wird. Teilweise werden viele Reihen Bäume und Sträucher gepflanzt, damit sich bei starkem Wind der Sand nicht zu sehr auf die Strassen ausbreitet. Zusätzlich sind so gut wie alle Strassen eingezäunt. Es ist kaum möglich, mal spontan von der Strasse ab zu fahren. Für uns eine deutliche Einschränkung. Wir fahren knapp 350 km zu den Liwa-Oasen. Von hier aus sind es noch einmal gut 20 km bis ins Moreeb-Tal. Dort finden regelmäßig Autorennen und Falkenwettbewerbe statt. Bis dahin ist die Strasse geteert. Längst sind rechts und links der Strasse nur noch rießige Sanddünen zu sehen und die Sonne brennt ordentlich. Teilweile frage ich mich wirklich, warum sich Menschen dazu entscheiden, in diesem Wüstenstaat so rießige Städte wie Dubai und Abu Dhabi zu errichten? Im Sommer ist es hier nicht auszuhalten, die Menschen verbringen ihre Zeit nur in klimatisierten Räumen. Auch die Bushaltestellen sind klimatisiert. Dennoch haben wir anscheinend einen besseren Zeitpunkt erwischt. Es wird kälter. Kälter bedeutet hier, es geht auch mal unter 30 Grad. Ok. Heute aber definitiv nicht. Jedenfalls nicht in dieser rießigen Sandwüste. Trotz extremer Hitze ist es hier aber angenehmer als am Meer. Die Luftfeuchtigkeit ist geringer, was die Fahrt im Landy bei offenem Fenster angenehmer macht. Ich habe eh das Gefühl, dass wir die einzigsten sind, die mit heruntergelassenem Fenster über den Highway brettern. Hier hat jedes Auto eine Klimaanlage. Wir nicht. Die Sanddünen der Rub al-Khali entschädigen dann für die lange Autofahrt. So wunderschöne gelb-rote Sandberge habe ich noch nie gesehen. Sie erscheinen mir wirklich wie im Bilderbuch. Als die Sonne langsam untergeht, fühle ich mich wie in 1001 Nacht.

Nach zwei Nächten im Südwesten der Emirate bringen wir den Landy an den Hafen Jebel Ali in Dubai. Vorab haben wir mit der Verschiffungsagentur ICB und deren Mitarbeitern von Globallink West Star Shipping den Termin abgesprochen, so dass wir innerhalb kürzester Zeit einen Gatepass bekommen. Wir werden von freundlichen Indern empfangen, die hier pro Tag ca. 50-75 Autos in Container verpacken und exportieren. Auf dem Hafengelände geht es richtig ab. Hunderte, wenn nicht tausende Firmen sind hier ansässig. Dubai ist ein wichtiger Handelsumschlagplatz für den Nahen Osten, Europa, Asien und Afrika. Die Mitarbeiter von Globallink zeigen uns ganz stolz wie sie vier Autos in einen 40″ Container stapeln. Von den großen Geländewägen bekommen sie drei Stück in einen Container. Vor dem Firmengelände warten locker 300 Exportwägen auf die Verschiffung in die weite Welt. Die meisten Autos gehen dabei nach Südafrika. Nahezu alle Mitarbeiter hier sind indischer Nationalität. Eigentlich bestehen die ganzen Emirate aus einer Ansammlung multikultureller Gastarbeiter. Dabei handelt es sich überwiegend um Inder, Pakistanis, Philippinen und Iraner. Kaum ein Araber arbeitet im Dienstleistungs- oder Tourismusgewerbe. Unser Auto wird in den nächsten Tagen dem Zoll vorgeführt und dann eingepackt werden. Das Team von Globallink baut uns Dachzelt, Reifen und Alubox ab und verstaut alles im Container. Wir holen hier nur noch unsere Sachen für die nächsten Wochen aus dem Auto und werden dann an die nächstgelegene Metrostation gebracht, von wo aus wir nach Dubai reinfahren.

In Dubai treffen wir Gildo aus Deutschland. Er hat sogar mal in Hartheim gewohnt, lebt und arbeitet nun seit einem Jahr als Physiotherapeut hier. Bei ihm kommen wir zwei Nächte lang unter. Gleich am ersten Abend zeigt er uns von der Terasse des Madeleine Cafés in der Dubai Mall aus die gigantischen Wasserspiele vor dem Burj Kalifa. Auch hier gilt wieder: Weltrekord ist Standard. Es sind die größten Wasserspiele der Welt. Jede halbe Stunde bewegt sich das Wasser zur abwechselnden Musik im Takt, spritzen gewaltige Fontänen in den Nachthimmel der Wüstenstadt. Gildo und ich rauchen dazu lässig im Madeleine Café eine Orangen-Schisha. Es ist toll hier. Und dennoch kommt mir alles so gekünstelt vor. Das ist schwer zu beschreiben. Im Iran war es ehrlicher, irgendwie kulturell gewachsener. Hier ist es ein Abbild der Welt, das in zu kurzer Zeit erschaffen wurde: Französisches Café, italienische Küche, amerikanische Wolkenkratzer, persische Soukhs, indisches und philippinisches Personal, Gigantismus so weit man schauen kann. Die Saudis wollen nun das höchste Gebäude der Welt mit ca. 1.000 Metern erstellen und damit den Burj Kalifa übertrumpfen. In Dubai plant man aber bereits ein noch höheres Gebäude. Die Amerikaner planen das größte Riesenrad der Welt in New York für 2014. Dubai plant gleich hinterher und möchte bis 2016 ein 20m höheres Rießenrad bauen. Man möchte alles toppen, alles überbieten. Und so fühlt es sich auch an.

Am nächsten Tag fahren wir zur Sheik Zayed Moschee nach Abu Dhabi. Halleluja. Gildo hat uns nicht zuviel versprochen. Da sind wir bei unserer Reise zu den Oasen voll dran vorbei gebrettert. Sie ist die drittgrößte Moschee der Welt nach Mekka und Casablanca in Marokko. In der Moschee in Casablanca war ich schon. Fehlt mir also nur noch Mekka… 😉 …was als Nicht-Muslim unmöglich ist. Jedenfalls hat es mir wirklich fast die Sprache verschlagen. Da sage ich im Auto noch, dass ich nicht mehr so viele Bilder mache und so weiter und Gildo meint nur: “Bereite die Kamera vor, du wirst sehr viele Bilder schießen.” So war es dann auch. Die Sheik Zayed Moschee in Abu Dhabi ist faszinierend. Sie ist quasi nagelneu, wurde erst im Jahr 2007 eröffnet und besteht nahezu komplett aus Marmor. Auch hier werden natürlich wieder alle Rekorde gebrochen: die größte Moscheekuppel der Welt, der größte handgewebte Teppich der Welt, der größte Kronleuchter der Welt. Es ist einfach unvorstellbar. Im Sonnenlicht wird man vom weißen Marmor regelrecht geblendet. Doch die Atmosphäre im Innern ist trotz zahlreicher Besucher sehr schön. Man betritt ein Gotteshaus. Es ist schön, wie viele junge, alte und kranke Menschen gemeinsam die Moschee betreten und manchmal denke ich, dass sich die unzähligen Gotteshäuser auf Erden, gleich welcher Religion, sehr ähneln. Sie sind Treffpunkt der Menschen, sie verbinden Generationen und bringen für einen Augenblick Ruhe und Geborgenheit in unser Innerstes. Wir genießen zusammen den Sonnenuntergang und fahren dann nach Hause.

Die folgenden Tage sind geprägt von organisatorischen Kleinigkeiten. Wir warten noch auf unser Carnet de Passages, welches wir in unser Hotel geliefert bekommen. Wir gehen ins Museum, zum Friseur, lassen uns Haare und Bart stutzen, schlendern am Hafen entlang und besuchen Tiermärkte. Zusätzlich haben wir wohl ein Schiff verpasst, so dass der Landy erst eine Woche später aufs nächste Schiff kommt. Nun gut. Anfänglich hab ich mich kurz darüber aufgeregt, aber auch ich nehme immer mehr die Gelassenheit der Menschen hier an. Es braucht halt alles seine Zeit. Durch die Verzögerung wird der Landy nun erst um den 24.11. in Djibouti eintreffen. Das ist eine lange Zeit. Wir werden also nicht vor Ende November/Anfang Dezember in Kenia sein. Nach ca. zwei Wochen in den Emiraten haben wir nun beschlossen nach Äthiopien, Addis Ababa weiter zu fliegen. Gott sei Dank haben wir ja vom Konsul ein ausreichend langes Visum bekommen. Dort warten wir auf das Verladedokument (Bill of Lading), welches uns per DHL nach Addis zugesendet wird und erkunden Äthiopien. Auch müssen wir uns um ein Djiboutivisum kümmern und dann werden wir rechtzeitig mit irgendeinem öffentlichen Verkehrsmittel zum Hafen nach Djibouti reisen. Das wird sicherlich spannend. Jedenfalls freuen wir uns sehr auf Afrika. Es wird langsam auch Zeit.

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