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Warten lohnt sich

Posted by on 9. Februar 2014

Unglaublich wie die Zeit vergeht. Seit meinem letzten Beitrag ist doch tatsächlich schon wieder mehr als ein Monat vergangen. Was allerdings nicht heißt, dass es weniger zu berichten gäbe. Eigentlich könnte ich jede Woche einen Bericht schreiben. Es vergeht kaum ein Tag, an dem wir nicht etwas Besonderes erleben. Dennoch müssen diese Eindrücke auch verarbeitet werden. Und alles Gute braucht eben auch seine Zeit. Soviel habe ich hier schon gelernt.

Vieles geht ruhiger oder langsamer zu als bei uns zu Hause. Einerseits müssen Fahrten länger geplant werden. Ausreichend Sprit, Ersatzreifen, Wasser und Essen sind immer Pflicht, wenn es ins heiße Tiefland geht. Andererseits ist das Warten auf eine Veränderung jeglicher Art hier Tagesgeschäft. Sei es das Warten auf ein vorbeifahrendes Auto, welches einen vielleicht mitnehmen kann (viele Menschen warten am Straßenrand auf vorbeifahrende Autos/LKWs) oder das Warten bei Verwaltungen, im Stadtverkehr, auf ein Bier, bei Polizeikontrollen und so weiter. Anfangs konnte ich damit nicht wirklich umgehen und habe mich schnell gelangweilt. Mittlerweile finde ich es spannend Menschen zu beobachten oder mit ihnen ins Gespräch zu kommen. Man gelangt dadurch mehr von dem „ich“ ins „wir“. Denn schließlich warte ja nicht nur ich, sondern unzählige andere Menschen. Somit sitzen wir alle im gleichen Boot und diese Situation kann man ja auch positiv nutzen.

So auch bei unserem Besuch vor kurzem in Nairobi. Ich bin mit dem Landy in die Hauptstadt Kenias gefahren um diverse Besorgungen zu machen. Und wenn man schon den weiten Weg auf sich nimmt, dann wird dies gleich mit vielen Aktivitäten verknüpft. Zusätzlich mussten Rosanna und Regina zum Zahnarzt, denn in Marsabit gibt es diese Möglichkeit nicht. Der Verkehr in Nairobi ist extrem. Als wir an einem Morgen um 07:00 Uhr aufbrechen, kommen wir gerade 50m Meter weit. Bereits in einer vom Highway weit entfernten Nebenstraße kommt der Verkehr zum Erliegen. Wir stehen erstmal 40 Minuten ohne auch nur einen Meter voranzukommen. Nach ca. 2,5 Stunden sind wir dann an unserem Ziel angekommen. Der halbe Morgen ist schon vorüber und schnell wird mir klar, dass sich umfangreiche Besorgungen in dieser Stadt kaum lohnen – solange sie nicht an einem zentralen Ort getätigt werden können. In Nairobi gibt es weder Metro noch Straßenbahn oder ein, dem Verkehr bevorzugtes, Bussystem wie z.B. in Istanbul. Somit bringt es auch nichts, das eigene Auto stehen zu lassen und mit einem Matatu (das sind die kleinen, vollgestopften Minibusse) herumzufahren. Die stehen nämlich genauso im Stau. Teilweise ist es mehr als extrem. Die Autos fahren so dicht aneinander, dass wirklich nur noch wenige Zentimeter Platz dazwischen sind. An einer Kreuzung passiert dann was in Nairobi Alltag ist. Es geht gar nichts mehr. Von allen vier Seiten fahren die Autos gleichzeitig in die Kreuzung hinein. Und das gleich so dicht, dass man weder vorwärts noch rückwärts fahren kann. Nach kurzer Zeit erscheint die Polizei und beginnt den Verkehr von hinten her zurückzuweisen, damit vorne in der Kreuzung mehr Platz entsteht. Solange bis sich der Knoten aufgelöst hat und der Verkehr weiterrollen kann. Letztendlich hilft alles nichts. Man muss warten und ruhig bleiben. Und bei Terminen ggfls. genügend Zeit im Voraus einplanen. Oder morgens um 05:30 Uhr schon los. Da geht es noch einigermaßen.

Als wir von Nairobi Richtung Marsabit zurückfahren, kommen wir auf dem Weg nach Nanyuki an eine Straßensperre. Brennende Reifen und abgebrochene Äste wurden quer über die Straße gelegt. Es steigt Rauch auf und Menschen protestieren auf der Straße. Simon erkennt rechtzeitig die Situation und sagt ich soll weiter entfernt am Straßenrand anhalten. Ein Engländer erklärt uns, dass er bereits seit 40 Minuten wartet und anscheinend die Polizei nun versucht die Situation zu klären. Da man nie wissen kann, wie sich so ein wütender Mob entwickelt, bleiben auch wir erstmal auf Abstand und warten. Doch wir haben Glück und können nach ca. 10 Minuten schon weiterfahren. Die brennenden Reifen wurden von der Polizei so weit auf die Seite geschoben, dass wir an einer Stelle passieren können. Die Nacht verbringen wir in Isiolo und am nächsten Morgen brechen wir auf das letzte Stück Richtung Marsabit auf. Als ich früher hier in Kenia war, hat die Teerstraße immer bei Isiolo am Polizeiposten aufgehört. Zwischenzeitlich haben fleißige und rohstoffinteressierte Chinesen die Teerstraße bis nach Merille auf ca. 130 Kilometern weitergeführt. Von da an führt dann die gewohnte Wellblech-Schotterpiste nach Marsabit weiter. Mittlerweile fahre ich trotz hohem Materialeinsatz lieber diese Wellblech- und Offroadpisten. Man muss sich mehr auf die Schlaglöcher konzentrieren, wodurch man aber kaum müde wird. So kann man eigentlich den ganzen Tag lang Auto fahren, ohne wirklich müde zu werden. Erst wenn man dann am Abend am Ziel ankommt, merkt man jeden einzelnen Knochen. Auf der Strecke von Isiolo nach Marsabit gibt es noch immer zwei Spots, an denen regelmäßig bewaffnete Überfälle stattfinden. Man hört immer wieder üble Geschichten der Einheimischen. So auch als vor kurzem ein befreundeter indischer Geschäftsmann in seinem Toyota Landcruiser beschossen wurde. Er konnte sich hinter den Armaturen verstecken und durchrasen. Später hat er in seiner Kopfstütze zwei Einschüsse entdeckt. Sein Beifahrer wurde sogar getroffen, Gott sei Dank aber nur leicht verletzt. Wir haben mehr Glück und bekommen von alledem nichts mit. Kurz vor Merille laufen Kinder an der Straße. Sie deuten wie alle Menschen an, dass ich anhalten soll, um sie mitzunehmen. Das Auto ist mit sechs Personen, Gepäck, Kartoffeln, Tomaten, Zwiebeln, Kohl, Holzkohle und vielem mehr aber bereits total voll, so dass ich vorbeifahre. In diesem Augenblick knallt es und alle zucken zusammen. Ein Junge hat einen großen Stein auf das Auto geschmettert und getroffen. Zu unserem großen Glück hat er keine Scheibe, sondern lediglich die Karosserie erwischt. Der Einschlag ist deutlich zu sehen. Anhalten bringt nicht sonderlich viel. Die Jungs sind flink und verschwinden ruckzuck im Busch.

Zurück in Marsabit kehrt der Alltag wieder ein. Und dennoch ist jeden Tag etwas anderes geboten. Als ich eines Mittags gerade zur Werkstatt laufen möchte, schleicht direkt vor meinen Füßen eine kleine Spitting Cobra vorbei. Die Dinger sind sackgiftig und ich renne ihr gleich hinterher, um zu sehen wo sie sich verstecken möchte. Heini kommt auch gleich mit einer Eisenstange herbeigerannt, doch sie ist schneller und kann durch ein Abwasserrohr abhauen. Am Abend wird ein kleines Kalb geboren. Die Mutter gebärt es etwas abseits im hohen Gras. Es ist toll, so etwas mit anzuschauen. Das kleine Kalb liegt auf dem Boden und wird von der Mutter saubergeleckt. Dann versucht es Stück für Stück aufzustehen, taumelt vor sich hin und fällt dann wieder ins Gras zurück. Doch bereits nach einer Stunde steht es und wird vom Hirten ans Euter der Mutter geführt. Ab und zu fällt es noch um, da die Knie noch wackeln und die Füße dann nachgeben. Aber es wird immer sicherer und noch am gleichen Abend rennt es schon der Mutter hinterher um an die Milch zu gelangen.

An einem anderen Tag präparieren wir eine Affenfalle. Die Affen sind hier eine regelrechte Plage. Gerade zu diesen Zeiten, wenn das Wasser in der Umgebung wieder knapper wird, kommen sie von allen Ecken in großen Scharen und versuchen Wasser zu trinken oder Früchte zu klauen. Besonders mögen sie die reifen Früchte an den Kakteen, die meterweit duften. Dennoch möchten wir den Affen natürlich nichts antun. Es ist mehr ein Reiz, ob wir einen fangen können. Wir stellen einen großen Eisenkäfig in der Nähe des Hauses auf und befestigen an einer Schnur ein paar Papayas und legen zusätzlich Kakteenfrüchte in den Käfig. Anfänglich klappt noch nicht alles und wir müssen etwas Feintuning betreiben. Nach zwei Tagen haben wir dann aber den ersten Affen im Käfig. Ich mache ein paar schöne Bilder und lasse ihn dann wieder laufen. Er saust ruckzuck zu seiner in der Entfernung wartenden Herde zurück.

Eines Nachmittags fahren wir in die Stadt. Auf dem „Highway“ brettern wir über die Wellblechpisten als wir in der Entfernung eine große Menschenmenge sehen. Ich mache etwas langsamer. Mindestens 30-40 Menschen tummeln sich zusammen und es wird lauthals mit der Polizei diskutiert. Ein Kumpel namens „Dollar“ kommt uns entgegengerannt. Er ist an Armen und Beinen verletzt. Die Polizei hat ihn während einer Routinekontrolle vom Motorrad gezogen, weil er nicht anhalten wollte. Dazu hat er zwei Frauen auf dem Motorrad transportiert. Alle fielen durch den Eingriff der Polizei auf den Boden und sind verletzt. Viele Menschen am Straßenrand haben das gesehen und sind gleich hinzu geeilt. Viele beschuldigen die Polizei falsch gehandelt zu haben. Es hätte ausgereicht das Nummernschild aufzuschreiben. Da Dollar ein guter Freund von Simon und Luka ist versuchen wir etwas zu schlichten. Die Polizei ist aber sehr aufgebracht. Letztendlich wissen sie, dass die Aktion nicht richtig war. Es kommt sogar zum Handgemenge. Dabei ist es nicht unüblich, dass auch mal ein Polizist zu Boden geht. Dieses Mal aber nicht. Eine Polizistin entfernt sich und geht ihrer Arbeit, die Straße zu kontrollieren, nach. Ein alter Mann versucht die Situation zu schlichten, in dem er auf die Polizisten einredet. Auf die Aussagen älterer Männer legen die Menschen hier sehr viel Wert, auch die Polizei. Ich mache zwei Bilder mit dem Handy von Dollars Arm, um die Situation notfalls beweisen zu können. Dummerweise sehen es die Polizisten, so dass ich ordentlich Probleme bekomme. Sie fragen mich wer ich bin, was ich hier mache und ob ich ein Journalist bin. Ich verneine und berufe mich auf meine Freiheit als Tourist in diesem Land Bilder machen zu können, vor allem auch wenn es sich um Verkehrsunfälle handelt. Schließlich dienen diese zum Beweis. Das finden die zwei Polizisten aber überhaupt nicht lustig. Einer von ihnen droht mir eindeutig und sagt ich solle mich hier nirgends mehr blicken lassen. Dennoch führt es zu einem kleinen Erfolg. Nach kurzer Zeit entschuldigt sich ein Polizist bei Dollar. Wir nutzen die Situation, gehen zurück zum Auto und zischen ab. Das Motorrad haben sie beschlagnahmt. Von diesem Moment an bin ich sehr vorsichtig mit Straßenkontrollen. Wenn ich diese zwei Polizisten bei der nächsten Kontrolle wieder sehe, kann ich mich vermutlich auf ein längeres Procedere gefasst machen – wenn ich auch alle erforderlichen Dokumente und Versicherungen vorweisen kann. Wir fahren mit Dollar in ein Krankenhaus, wo er sich seine Wunden verarzten und sich eine Bescheinigung ausstellen lässt. Doch damit ist die Geschichte noch nicht beendet. Nachdem die Polizisten uns zusagen, das Motorrad ein paar Tage später bei der Polizei abholen zu können, nehmen sie Dollar in diesem Zusammenhang fest. Er kommt direkt in eine Zelle und wird am gleichen Tag einem Richter vorgeführt. Das Dumme ist, dass er keine Versicherung für sein Motorrad hat, keine Fahrerlaubnis und natürlich ohne Helm gefahren ist. Die Sache ist, dass das hier jeder so tut. Das Problem dabei ist aber, dass er sich dabei erwischen hat lassen. Die ganze Situation geht dann auch ganz schnell. Normalerweise kann man versuchen die Polizei zu bestechen, solange er noch in Gewahrsam von ihnen ist. Das klappt in der Regel auch ganz gut. Doch da er sofort vor Gericht geführt wird, ist er außerhalb dem Zuständigkeitsbereich der Polizei, so dass es keine Möglichkeit der Bestechung mehr gibt. Die angesetzte Strafe sind 20.000 KSH, dies entspricht ca. 200 Euro. Eine ordentliche Summe, die etwa einem Monatsgehalt eines normalen Arbeiters entspricht. Sofern er das nicht sofort bezahlen kann, geht er für 2 Jahre(!) in den Knast. Grundsätzlich wäre seine Strafe vermutlich noch höher ausgefallen, aber der Nachweis aus dem Krankenhaus kommt im zugute. Er leiht sich Geld, bezahlt den Betrag und ist wieder ein freier Mann. Alle sind erleichtert. Und er hat eine ordentliche Lektion gelernt. Er möchte sich sofort um Papiere, Versicherung und Helm kümmern.

Diese Polizeigeschichten sind hier endlos. Fährt man zum Beispiel mit dem LKW nach Nairobi um Besorgungen zu machen, plant man gleich das nötige Kleingeld für die Bestechungen mit ein. Vor allem LKWs und Busse werden ständig kontrolliert und die Polizisten halten immer fleißig die Hand auf. Ich selbst musste als Tourist bisher nie etwas bezahlen. Bis auf ein paar genauere Kontrollen bin ich überall problemlos durchgekommen. So kam es auch vor kurzem, als Luka mit dem LKW nach Nairobi fahren musste, wieder zu einem größeren Zwischenfall. Der geladene LKW wird an einer „Waybridge“ (quasi eine Brückenwaage entlang der Straße) von der Polizei gestoppt. Wieder eine Kontrolle. Dieses Mal das Gewicht. Luka gibt dem Officer gleich 6.000 Kenia Shilling (KSH), das sind ca. 60 Euro. Eine ordentliche Summe. Doch in diesem Moment kommt ein anderer LKW, der nach Moyale an die äthiopische Grenze weiterfährt und komplett überladen ist, vorbei, gibt dem Officer 20.000 KSH und darf weiterfahren. Die 6.000 KSH bekommt Luka zurück. Der Officer nimmt sie nicht mehr an. Da auch Lukas Lastwagen etwas überladen ist wird sofort der Schlüssel abgezogen und der Führerschein einbehalten. Das war`s dann erstmal. Von da an beginnt das ganze Procedere. Die ganze Nacht lang wird diskutiert. Am nächsten Morgen muss Luka vors Gericht. Die Strafe wird auf  75.000 KSH festgesetzt. Die Summe muss bei einer Bank einbezahlt werden. Doch das heißt noch lange nicht, dass man danach gleich weiterfahren kann. Erst sagt die Polizei, dass ca. 5 Tonnen vor der Weiterfahrt abgeladen werden müssen. Das wäre logischerweise auch konsequent. Nach 36 Stunden Diskussionen (!) ohne Schlaf kann Luka in der zweiten Nacht um 03:00 Uhr, als der oberste Polizeichef gerade schläft, einen weiteren Polizisten mit etwas Bakschisch dazu überreden, ihn ziehen zu lassen. Von da an fährt er die ganze Nacht bis am nächsten Abend durch bis Marsabit! Die ganzen Bestechungen sind gerade an der Waybridge so extrem, dass sich eine Fahrt ins entfernte Nairobi kaum mehr lohnt. Es handelt sich um ein Kartell, in welches sogar das Gericht mit verwickelt ist. In Zukunft muss definitiv nach Alternativen geschaut werden. Auf diese Art und Weise kann das Material nicht mehr lange eingekauft werden. Während dem ganzen Procedere haben mehr als 20 weitere Lastwagen auf den Ausgang von Lukas Geschichte im weiter entfernten Industriegebiet gewartet und viele von ihnen versuchen die Brückenwaage nachts um 03:00 Uhr zu durchfahren, um nicht festgehalten zu werden.

Eigentlich hatten wir hier fünf Hunde. Vier ausgewachsene und einen kleinen. Innerhalb von zwei Wochen haben Schlangen oder was auch immer die Hunde auf zwei dezimiert. Zwei sind plötzlich eingegangen. Der kleine Hund war eines Morgens einfach verschwunden. Eines Nachts erwache ich durch lautes Hundegebell. Es ist lauter und aggressiver als sonst. Irgendetwas scheint auf dem Hof zu sein. Gerade als ich ans Fenster laufe um hinauszuschauen, gibt es einen rießen Knall. Es fallen zwei Schüsse. Daraufhin ertönt die Alarmanlage des Hauses. Henry scheint sie aktiviert zu haben. Später wird klar, dass ein Leopard unmittelbar vor dem Haus war. Die Hunde haben rebelliert und als der unerwünschte Gast nicht verschwunden ist, hat der Nachtwächter zwei Warnschüsse in die Luft abgefeuert. Er behauptet, der Leopard hätte ihn fast angefallen. Ob dies allerdings stimmt, werden wir wohl nie herausfinden. Wir sehen die Spuren im Sand und können nachvollziehen, auf welchem Weg er davon gerannt ist.

Durch die lange Zeit, die ich nun schon hier bin, habe ich einen tiefen Einblick in Bräuche und Gewohnheiten der Menschen und ihr Leben bekommen. Besonders fasziniert war ich, als mir vor kurzem ein alter Schäfer an einem Abend seine Lebensweisheiten näher gebracht hat. Er ist kein Mann, der Geld oder größere Reichtümer besitzt, aber er lebt so unglaublich nah an der eigentlichen „Basis“, dass ich verblüfft war. Er hat mir viel über mich selbst erzählt und ich war überrascht, wie richtig er lag. Die meisten Eigenschaften konnte er mir sagen, weil er aus meinen Augen gelesen hat. Ich hatte mich bis zu diesem Zeitpunkt nicht mit ihm unterhalten. Er hatte mich nur ab und zu auf dem Hof gesehen und ich habe immer versucht ihn auf Suaheli zu grüßen. Die Stämme hier leben nach eigenen, uralten Regeln und Bräuchen, die sich über die Jahre bewährt haben. Häufig wird ein „Mze“ – ein alter Mann – um Rat gefragt. Er hat viel Lebenserfahrung und kann durch seine Geschichten Ruhe in hitzige Diskussionen bringen. Es gibt sogar Gerichte, die einen prekären Fall an den Heimatstamm abgeben, damit er dort schlussendlich gelöst werden kann. Eine weitere interessante Gepflogenheit ist die Räucherung der Kleider mit Weihrauch. Viele Menschen in der Wüste bei den Stämmen haben keinen Zugang zu Deo, Parfum oder sonstigen Hygieneartikeln. Sie packen ihre gewaschenen Kleider zusammen und beräuchern das ganze Paket mit Weihrauch bzw. einer duftenden Mischung über glühender Kohle. Durch den aufsteigenden Rauch duften die Kleider fein und nebenbei beseitigt es Ungeziefer in den Kleidern und im Haus.

Eines Morgens merke ich, dass beim Auftreten mein Fuß auf einmal extrem schmerzt. Beim Nachschauen sehe ich nur einen kleinen dunkelbraunen Punkt unter der Haut und denke mir nichts weiter dabei. Da ich aber wirklich kaum noch auftreten kann, zeige ich Simon den Fuß. Er ist sich sofort sicher, dass es sich um eine Art Sandfloh handelt, der sich unter der Hornhaut eingenistet hat. Ich kann das nicht glauben und vermute eher eine Art Warze. Doch ich lasse mich überreden, dass er mir den Fuß an dieser Stelle aufschneidet. Aus dem kleinen dunkelbraunen Punkt wird auf einmal ein immer größeres Loch und nach einiger Zeit und etwas Geschick holt Simon ein richtig groß gewordenes Stück Gewebe heraus, welches sich um diesen dunkelbraunen Punkt gebildet hat. Ich erschrecke regelrecht, hätte ich doch nie gedacht, dass dieses unscheinbare Ding unter der Haut so groß herangewachsen ist. Im Fuß hinterbleibt ein Loch, welches aber bereits am darauffolgenden Tag schon ganz gut zugewachsen ist. Das Auftreten schmerzt kaum noch. Das war mein erster Sandfloh. Und ich hoffe er wird auch der letzte bleiben.

Zwischenzeitlich habe ich nebenher noch eine Homepage für Henrys Betrieb erstellt. Interessierte können sich gerne unter www.dommann.com ein näheres Bild von seinem Unternehmen und seiner Arbeit hier im Norden Kenias machen.

 

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