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Mit dem G zum Landy

Posted by on 15. November 2013

Unser Flug von Dubai nach Addis Ababa geht morgens um 10:30 Uhr. Die letzte Nacht verbringen wir noch einmal bei Gildo. Auf dem Weg zu ihm donnert unser Taxifahrer aus Sharjah voll auf ein anderes Taxi hintendrauf. Gott sei Dank regeln die beiden Taxifahrer die Angelegenheit ohne Polizei, ansonsten würden wir vermutlich heute noch an dieser Stelle stehen. Am Morgen fährt uns Gildo freundlicherweise an den Flughafen. An dieser Stelle noch einmal vielen Dank für alles Gildo! „See you very soon in Africa.“

Als wir in der Luft sind, sehen wir noch einmal von oben die gewaltige Silhouette von Dubai, die sich entlang der Küste ins Landesinnere erhebt. Es hängt Sand, Staub und Smog in der Luft, der Himmel ist trüb. Wir fliegen über Saudi-Arabien nach Äthiopien. Der Flug dauert vier Stunden. Als wir Äthiopien überfliegen, ändert sich die Landschaft. Ackerbau und Landwirtschaft ziehen klare Linien in das wunderschöne äthiopische Hochland. Es ist alles sehr grün und klar, da die Regenzeit gerade erst vorüber ist.

Wir sind in Afrika gelandet. Und es geht auch gleich los. Der Flughafen selbst ist nicht sonderlich groß, es ist alles überschaubar. Als wir das Flughafengelände verlassen und unser Gepäck in den Kofferraum eines uralten, blauen Lada-Taxis werfen, merke ich den rießengroßen Unterschied zu den Emiraten. Hier ist es alles andere als sauber, entlang den Straßen reihen sich Wellblechhütten, Rauch steigt auf, der Verkehr ist wieder turbulent. Auf den kaputten Gehwegen liegen Menschen. Addis Ababa hat eine Bevölkerung von ca. fünf Millionen Menschen. Die ganze Stadt gleicht zur Zeit einer einzigen Baustelle. Es wird eine Straßenbahn gebaut, die den furchtbaren Verkehr entlasten soll. Doch ein Konzept ist kaum erkennbar. Es werden überall mitten auf befahrenen Highways Löcher gebaggert, Brücken und Hochbahnen gebaut, der ganze Verkehr erlahmt. Die Chinesen geben den Äthiopiern zinsgünstige Kredite und schließen im Gegenzug für ca. 80% der Kredite Verträge für die chinesische Industrie ab, so dass das Geld wieder nach China zurückfließt. Die Arbeit, welche die Chinesen dabei hinterlassen, ist aber leider alles andere als befriedigend. Die große Bole-Road ist seit ca. sechs Monaten fertig gestellt und kann nach der zurückliegenden Regenzeit bereits wieder renoviert werden. Teilweise senkt sich der Asphalt ab und es entstehen üble Schlaglöcher. Unser erstes Quartier, das wir ausgesucht haben, ist leider belegt, so dass wir weiterfahren müssen. Wir kommen bei Wim`s Holland House in der Nähe des alten Bahnhofes unter. Eine Eisenbahn fährt hier schon lange nicht mehr. Wim ist Holländer und betreibt zusammen mit seiner äthiopischen Frau Rachel und vielen Angestellten eine Bar mit Restaurant. Zusätzlich bieten sie Overlandern einen Stellplatz für ihr Fahrzeug an, der umzäunt und gesichert ist. Das einzige Zimmer ist leider auch hier belegt. Da mir der Platz aber gleich gefällt und hier sicherlich Overlander durchkommen,von denen wir wertvolle Tipps erhalten könnten, bleiben wir. Auf dem Campsite stehen ein paar Landrover, die für eine längere Zeit von Touristen abgestellt wurden. Wim meint, ich kann mir ein Dachzelt aufbauen und darin schlafen. Für Papa besorgen wir eine Matratze und einen Schlafsack und quartieren ihn in die Ladefläche eines nicht abgeschlossenen Landrovers ein. Perfekt. Ich fühle mich in dem Dachzelt schon wieder wie „daheim“. Nachmittags besorgen wir uns eine Prepaid-Handykarte. Für den Antrag muss ich ein Passbild abgeben, so dass wir die Gelegenheit nutzen und ein paar Passbilder von uns machen lassen. Wir brauchen dies auch für künftige Visa-Anträge. Als wir durch die Stadt schlendern, kommen immer wieder arme Kinder auf uns zu und betteln uns an. Teilweise kommt auf einer Seite ein junger Zeitungsverkäufer und auf der anderen Seite zur gleichen Zeit ein bettelndes Kind. Es ist schwierig die Kinder abzuwimmeln. Ein Kind drängt sich regelrecht auf und sucht den engen Körperkontakt. Ich versuche es wegzudrängen und merke gleich, wie es schon an meiner Tasche zupft. Es geht ganz schnell. Aber ohne Erfolg für den Dieb. Die Masche ist dabei meistens die Gleiche. Eine Hand hält eine Zeitung, die der Junge anbietet. Die andere Hand zupft darunter an der Hose und versucht die Moneten heraus zu fischen. Der Dieb hat Glück, dass ich ihm nicht gleich eine schmettere, das ist hier nämlich ganz normal. Als die Polizei in einem anderen Fall an der Straße einen Dieb festnimmt, hagelt es Ohrfeigen – so stark, dass der Dieb Mühe hat aufrecht stehen zu bleiben. Ich scheiße ihn zusammen und er rennt eingeschüchtert davon. In den nächsten Tagen nehme ich nur wenig Bargeld und Wertsachen mit. Auch die Pässe bleiben – soweit möglich – zu Hause. Leider bleibt dies nicht der einzige Vorfall. Es ist fast an der Tagesordnung, dass junge Zeitungsverkäufer versuchen uns zu beklauen.

Am Abend treffen wir Jochen aus Deutschland. Er ist gerade mit seiner Mercedes G-Klasse hier angekommen und möchte das Auto eine Zeit lang hier stehen lassen. Er ist ein Vollblut-Afrika-Profi. Seit mehr als 30 Jahren bereist er Afrika, West, Ost, Nord und Süd. Früher hat er zusammen mit seinen WG-Kollegen Autos nach Afrika verschoben. Dabei hat er unzählige Male die Sahara durchquert und auch heute noch bereist er den Kontinent. Sein Auto lässt er dabei immer stehen, fliegt wieder für ein paar Monate nach Deutschland um zu arbeiten und kommt dann zurück. Beim Abendessen erzählt er uns viele Geschichten und wir erfahren von Möglichkeiten, wie man sein Carnet de Passages verlängert, Autos über die Grenze bringt, wo man sie stehen lassen kann, unbefahrenen Pässen, welche Schwachstellen es bei welchen Marken gibt, wo man günstig Ersatzteile bekommt, wie er in Dubai seine G-Klasse komplett hat durchschweißen lassen, usw. Als Overlander-Greenhorn höre ich begeistert zu. Am nächsten Tag reparieren wir seinen Dachträger und am darauffolgenden Tag nimmt er sein Getriebe auseinander, um eine undichte Stelle zu flicken. Wir liegen dabei gemeinsam unter seinem Auto und schrauben. Er ist insgesamt noch fünf Tage da und muss dann wieder nach Deutschland zurück fliegen. Davor gibt es aber noch ein paar organisatorische Dinge zu erledigen. Bei der Einreise nach Äthiopien erhält man für sein Fahrzeug eine maximale Aufenthaltsdauer von 180 Tagen im Carnet. Diese Aufenthaltsdauer hat er bereits um ca. 6 Wochen überschritten, da er mit seiner G-Klasse bei Gondar liegen geblieben ist und in Deutschland erst Ersatzteile besorgen musste. Nun möchte er mit Wim zusammen beim Zoll nach einer Verlängerung anfragen, da er bereits in vier Wochen wieder nach Äthiopien kommt. Doch der Zoll stellt sich quer. Der zuständige Bearbeiter sichert ihm zusätzlich zu den erhaltenen 180 Tagen weitere 60 Tage Aufenthalt zu. Das ist das absolute Maximum. Davon sind aber bereits 44 Tage abgelaufen, so dass ihm nur noch 16 Tage bleiben, das Auto aus dem Land zu bringen. Sollte er dies in diesem Zeitraum nicht erledigen können, wird sein Auto am nächsten Grenzübergang beschlagnahmt werden. Doch Jochens Flug ist in zwei Tagen. Unmöglich die knapp 800 Kilometer zur nächsten Grenze hin und zurück zu bewältigen. Da ist guter Rat teuer… Jochen kennt sich selbst mit dem Vorgang der Beschlagnahmung bereits aus. Ein Geländewagen eines Kumpels wurde bereits am Zoll einmal beschlagnahmt. Es kommt zu langen Gerichtsverhandlungen und nach ca. 1,5 Jahren bekommt man sein Auto wieder. Hier in Afrika denkt man anders. Jochen zieht auch die Beschlagnahmung in Erwägung, es mag sich komisch anhören, aber es gefährdet ja schließlich nicht sein Leben und außerdem handelt es sich um ein Luxusproblem. Wer hat schon dauerhaft sein Auto auf einem anderen Kontinent und kann regelmäßig darauf zurückgreifen? So müsste er halt für ein Jahr irgendwo anders Urlaub machen. Es geht immer weiter. So auch in diesem Fall. Eine weitere Option wäre, das Auto auf einen Lastwagen zu packen und an der nächsten Grenze abzuladen. Allerdings wäre das mit sehr hohen Kosten verbunden. Und dann gibt es noch die dritte Option: Ich könnte zusammen mit Papa das Auto nach Djibouti überführen. Das wäre quasi eine Win-Win-Situation. Wir müssen irgendwie nach Djibouti kommen, um unseren Landrover abzuholen und das Auto wäre außer Landes. Warum also nicht? Jochen ist auch nicht abgeneigt. Am folgenden Abend ladet Wim den zuständigen Zollmitarbeiter zu sich ein, spendiert ihm ein Gläschen Wein und wir besprechen das Procedere. Er willigt ein. Wir sollen am nächsten Tag zu ihm ins Office kommen, um ein Schreiben von der Zollbehörde aufzusetzen. Am kommenden Nachmittag fahren wir ins Office und erhalten nach zwei Stunden ein offizielles Schreiben mit ca. 4 Stempeln für uns, sowie zwei verschlossen, umseitig gestempelten Umschlägen, welche ich an der Grenze zu Djibouti abgeben muss. Damit kann ich ausreisen. In dem Schreiben werde ich dazu bevollmächtigt, das Fahrzeug von Jochen zu fahren und außer Landes zu bringen. Außerdem bekomme ich die Telefonnummer des Zollbeamten, damit ich ihm bei Rückfragen von der Grenze aus anrufen kann. Perfekt. Nun kümmern wir uns noch um das Djibouti-Visum, machen Ölwechsel, tanken voll und checken die Karre so gut es geht. Übrigens ist das Djibouti-Visum das bisher teuerste Visum, das ich jemals beantragt habe. Es ist eine Frechheit. Für 130 US-Dollar bekommen wir es innerhalb von 48 Stunden. Möchte man das Visa am gleichen Tag, bezahlt man 145 USD – pro Person. Mich haut`s fast vom Hocker. Aber es bringt alles nichts. Ohne Visa kommen wir nicht rein. Also raus mit der Kohle.

Die Überlegung ist, die G-Klasse nach Djibouti zu bringen und dort stehen zu lassen. Ich teile dann Jochen den Standplatz mit und er fliegt in vier Wochen direkt nach Djibouti, um sein Auto dort abzuholen. Ich möchte aber auf jeden Fall an der Grenze nachfragen, ob es eine Möglichkeit gibt, mit dem Auto zurück nach Addis Ababa zu fahren. Der Zollbeamte meinte, es sei ausgeschlossen, da ich nicht Eigentümer des Fahrzeuges bin und aus diesem Grund nicht im Carnet aufgeführt bin. Jochen hat aber für solche Fälle eine Kiste mit feinen Kleinigkeiten wie Digitalkamera, CD-Spieler, MP3-Player und vieles mehr in seinem Kofferraum, über die sich der ein oder andere Grenzbeamte sicherlich freuen wird. Ich werde es also versuchen.

Einen Tag nachdem  wir hier bei Wim`s Holland House hinter dem alten Bahnhof angekommen sind, ist das Wasser ausgefallen. Vermutlich wurde bei Baggerarbeiten eine Hauptwasserleitung beschädigt, wir haben das Wasser tagelang die Straßen herunterlaufen sehen. Repariert wurde bis heute nichts. Seit über einer Woche ist das Wassernetz tot. Wir haben somit seit Dubai nicht mehr duschen können. Teilweise habe ich mich mit einer alten Büchse etwas mit Wasser übergossen, aber sauber wird man dabei nicht. Sobald kein Wasser mehr zur Verfügung ist, merkt man erst einmal, wo man überall wie viel Wasser benötigt. Und dann versteht man auf einmal auch so viele Schwierigkeiten in Afrika viel besser.

Zwischenzeitlich haben wir uns in Addis noch um eine Autoversicherung gekümmert. Hier gibt es die „Comesa-Card“, eine länderübergreifende Versicherung für ganz Ostafrika, die ich bei der Ethiopian Insurance Company für die Länder Djibouti, Äthiopien, Kenia, Tansania, Malawi und Sambia abgeschlossen habe. Diese gelbe Karte ist auch wieder Voraussetzung für das ein oder andere Visum, sofern das Land mit dem eigenen Kfz bereist wird. Bei der kenianischen Botschaft haben wir dank eines freundlichen Mitarbeiters das 3-Monatsvisum recht unkompliziert in kurzer Zeit erhalten. Addis Ababa ist voll von Botschaften und der geeignete Ort, um Visa Formalitäten zu erledigen. Auch von der Shipping-Agentur in Dubai haben wir mittlerweile Nachricht bekommen. Der Container wird am 20.11. in Djibouti ankommen. Es bleiben uns also gar nicht mehr so viele Tage, um Djibouti zu erreichen.

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